Der Tag, an dem mein ‘Tarnen und Täuschen’ aufflog – und warum das meine Rettung war.
Das flaue Gefühl im Magen war zu einem ständigen Begleiter geworden.
Es war Montagmorgen. 9 Uhr.
Der wöchentliche Forecast-Call.
Ich saß vor meinem Laptop. Die Kachelgalerie mit den Gesichtern meiner Kollegen starrte mir entgegen. Alle schienen in ihrem Element zu sein. Sie jonglierten mit Akquise-Zahlen, redeten über die „Pipeline“ und warfen sich die Bälle zu.
Und ich? Ich spielte mit.
Ich nickte. Nutzte die richtigen Buzzwords. Präsentierte meine Folien.
Doch innerlich fühlte es sich an, als würde ich eine Rolle in einem Theaterstück spielen, für das ich nie geprobt hatte.
Mein Gehirn liebte es, komplexe Systeme zu durchdringen. Hier war es im Kaltakquise-Modus gefordert. Ein Modus, der meinem Betriebssystem fundamental widersprach.
Jeder Satz über Lead-Generierung fühlte sich an wie eine Lüge. Nicht, weil die Zahlen nicht stimmten. Sondern weil ich nicht stimmte.
Ich war der System-Verbesserer, der als Sales-Performer auftreten sollte. Das war mein tägliches Tarnen und Täuschen. Und das flaue Gefühl im Bauch war die leise, aber konstante Alarmglocke meines Körpers.
Sie schrie: Du bist hier falsch.
Ein paar Wochen später fand dieses Gefühl seinen Höhepunkt. In meinem Performance Review. Es war keine vage Kritik. Es war ein sauber formuliertes, schriftlich fixiertes Urteil, das in zwei simplen Worten gipfelte: ‘Improvement Needed’.
Mein erster Impuls war pure Panik.
Ein Stich in der Magengrube, heiß und scharf, gefolgt von einer Welle der Scham. Sie haben es gemerkt. Sie haben den Hochstapler entlarvt. Unmittelbar darauf kam die Wut, eine verzweifelte Rechtfertigung mir selbst gegenüber. „Die verstehen einfach nicht, was ich kann!“, „Das ist doch Bullshit, meine Analysen sind brillant!“. Doch die Wut verpuffte schnell und wich einer bleiernen Hoffnungslosigkeit. Dem leisen, giftigen Gedanken: Vielleicht bekomme ich nicht mal das hier hin. Vielleicht bin ich wirklich nicht gut genug.
An diesem Tag ging ich früher aus dem Office. Ich lief ziellos durch die Straßen von München, der Lärm der Stadt war ein fernes Rauschen. Doch in der Stille meines inneren Chaos passierte etwas Unerwartetes. Nach Scham, Wut und Verzweiflung kam – nichts. Eine Leere. Und in diese Leere hinein sickerte langsam ein neuer Gedanke. Ein Gedanke, der nicht wertend, sondern analytisch war:
Die haben ja recht.
Dieses Setup, diese Rolle, dieser Markus – das funktioniert nicht. Die Hypothese wurde widerlegt. Und das war keine moralische Niederlage. Es war ein Datenpunkt. Ein verdammt schmerzhafter, aber unglaublich klarer Datenpunkt.
Dieser Moment war meine Rettung. Er zwang mich, mit dem Theaterspielen aufzuhören und mich zu fragen, was mein wahres Stück ist. Die schmerzhafte Erfahrung wurde zum Fundament für ein neues berufliches Selbstverständnis. Hier sind die entscheidenden Hebel, die ich daraus für mich entwickelt habe.
1. Erkenne die Arena, in der du kämpfst
Das Impostor-Syndrom blüht am prächtigsten, wenn wir in der falschen Arena antreten. Ich bin ein strategischer Denker, ein System-Architekt. Ich kann komplexe Probleme in ihre Einzelteile zerlegen und neu zusammensetzen. Die Arena der Beratung aber verlangte von mir, ein Jäger zu sein. Ich versuchte, die Regeln eines Spiels zu meistern, das nicht meines war. Statt meine Stärken auszuspielen, war ich permanent damit beschäftigt, meine Schwächen zu kaschieren. Ein energetisches Desaster.
Der größte Fehler war nicht mein Mangel an Sales-Fähigkeiten, sondern mein Mangel an Klarheit darüber, welche Arena zu mir passt. Ich habe mich selbst in eine Position manövriert, in der ich nur verlieren konnte.
Praktischer Impuls: Stell dir diese eine Frage, und sei brutal ehrlich zu dir: „Verlangt mein aktuelles Umfeld von mir, meine Stärken zu maximieren, oder meine Schwächen zu kompensieren?“ Die Antwort offenbart, ob du in der richtigen Arena bist.
2. Nutze Feedback als Kompass, nicht als Urteil
Solange ich das negative Feedback als Urteil über meinen Wert als Mensch sah, war ich gelähmt. Scham ist kein guter Ratgeber. Der Wendepunkt kam, als ich es als das nahm, was es war: ein neutraler Datenpunkt über die Inkompatibilität zwischen meinem System und dem System des Unternehmens.
Es sagte nichts darüber aus, ob ich „gut“ oder „schlecht“ bin. Es sagte nur: Die Passung ist nicht gegeben. Dieser Perspektivwechsel ist alles. Er holt dich aus der emotionalen Abwärtsspirale und gibt dir deine Handlungsfähigkeit zurück. Plötzlich bist du nicht mehr das Opfer einer Bewertung, sondern der Analyst deines eigenen Karrierewegs.
Praktischer Impuls: Wenn du das nächste Mal hartes Feedback bekommst, atme tief durch und frage dich: „Okay, das tut weh. Aber welche Information über eine mangelnde Passform steckt darin? Was lerne ich hier über das, was ich wirklich brauche, um wirksam zu sein?“
3. Baue deine Autorität auf dem, was dir Energie gibt
Die anstrengendste Arbeit ist die, die gegen unsere Natur geht. Das ständige Tarnen und Täuschen kostete mich mehr Kraft als jede komplexe Analyse. Meine wahre Autorität, meine Quiet Leadership, liegt nicht darin, der Lauteste im Raum zu sein, sondern derjenige, der die tiefsten Muster erkennt. Sie liegt in der Ruhe, aus der heraus Klarheit entsteht.
Die schmerzhafte Erkenntnis zwang mich, mein Geschäftsmodell von „Was wird von mir erwartet?“ auf „Wo kann ich meinen einzigartigen Wert einbringen?“ umzustellen. Das ist der Kern authentischer Wirksamkeit. Sie entsteht nicht, indem wir uns anpassen, bis wir in eine fremde Form passen, sondern indem wir eine Form schaffen, die unserer wahren Natur entspricht.
Praktischer Impuls: Nimm dir 15 Minuten Zeit und beantworte diese Frage schriftlich: „Welche Tätigkeit raubt mir nach 60 Minuten alle Energie, und welche Tätigkeit gibt mir nach 60 Minuten mehr Energie, als ich vorher hatte?“ Die Antwort ist dein Kompass zu deiner Kernkompetenz.
Journaling-Impuls: Dein persönlicher Lackmustest
Wenn meine Geschichte in dir eine Resonanz erzeugt, dann nimm dir einen Moment Zeit für diese Fragen. Sie sind ein einfacher Test, um herauszufinden, wo du gerade stehst.
Welchen Teil von dir versteckst du bei der Arbeit am häufigsten, weil du glaubst, er sei „nicht professionell“ oder „nicht erwünscht“?
Wenn du eine Sache in deiner Rolle ohne Konsequenzen sofort streichen könntest – welche wäre das?
Was ist die gefühlte Wahrheit hinter deinem Impostor-Syndrom? Dass du nicht gut genug bist, oder dass du ein Spiel spielst, dessen Regeln du nicht respektierst?
Das negative Feedback war kein Urteil. Es war ein Wegweiser.
Es hat wehgetan, ja.
Aber es hat mich auf den Pfad zu meiner eigentlichen Arbeit geführt.
Führungskräften wie dir zu helfen, aus dem Hamsterrad der Selbstanpassung auszusteigen. Und eine Form der Führung zu finden, die auf Klarheit statt auf Lautstärke basiert.
Eine Führung, die nicht ausbrennt, sondern erfüllt. Weil sie aus dem Inneren kommt.
Es ist der Weg vom Gefühl, ein Hochstapler zu sein, hin zur ruhigen Souveränität, genau der zu sein, der man ist.
Wenn du spürst, dass du gerade in der falschen Arena kämpfst und bereit bist, dein wahres berufliches Fundament freizulegen, dann ist der nächste Schritt vielleicht ein Gespräch. Ich lade dich zu einer vertraulichen Breakthrough-Session ein. In 45 Minuten arbeiten wir konkret an deiner dringendsten Herausforderung. Das ist kein Sales-Pitch. Es ist echte Arbeit, die dir sofortige Klarheit bringt. Danach entscheiden wir beide, ob eine weitere Zusammenarbeit Sinn ergibt.